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Sie gehen und kommen wie die Schwalben

“Eis kommt mir nur in die Tüte, Eis vom Löffel ist ein Sakrileg”, so Weilimdorfs Bezirksvorsteherin Ulrike Zich am Mittwochabend im Sitzungssaal des Bezirksamtes, der fest in italienischer Hand war. Ein Sommer ohne die italienischen Gelatieri? Kaum vorstellbar, verzaubern doch die Eiscafes unseres südlichen europäischen Nachbarn seit mehr als 40 Jahren Sonnen- und Sommertage mit eisigen Spezialitäten – und das nicht nur mit Spaghetti- oder Spargeleis. Mit der Vorstellung der neuen Eissorte “Torroncino” dieser Tage ist die Eissaison 2004 eröffnet, auch wenn draußen der Winter sich hartnäckig halten will. Der Einladung von Ulrike Zich folgten die Vertreter der UNITEIS e.V. (Union der italienischen Speiseeishersteller in Deutschland e.V.) nur allzugerne, outete sich die Bezirksvorsteherin doch als Italienliebhaberin der eingefleischten Sorte. Und so ließ es sich UNITEIS-Vorstand Maurizio Lucchetta, der italienische Konsul Mario Musella (vom Stuttgarter Generalkonsulat) und der italienisch-stämmige SPD-Gemeinderat Giacomino Da Re nicht nehmen, zwar nicht mit Eisspezialiäten, aber mit Käse, Salami, Weissbrot, Prosecco und Wein das geladene Publikum auf den Sommer 2004 einzustimmen. Und bei den genüßlichen Ausführungen zum Eis des Jahres 2004, dessen Rezeptur zwar hoch geheim ist, aber immerhin die Zutaten Mandeln, Haselnusskerne, Honig, Vanille, Schokolade, Eiweiß und Zimt verraten wurden, konnten die anwesenden Stuttgarter Eisdielenbesitzer zufrieden das verzückte Lächeln nicht nur der Bezirksvorsteherin sondern auch der anwesenden Bezirksbeiräte und Pressevertreter registrieren. Das Speiseeis ist übrigens keine neuzeitliche Erfindung. Aus den Reiseberichten von Marco Polo geht hervor, dass in China bereits vor etwa 3.000 Jahren in der warmen Jahreszeit eine Art Speiseeis aus Milch und Fruchtsäften hergestellt wurde, teils mit exotischen Früchten verfeinert. Auch im antiken Rom vor mehr als 2.000 Jahren wurde vor allem der Schnee aus den Alpen für die Herstellung kalter Speisen und Getränke verwendet. Selbst die Araber haben die Herstellung von Speiseeis beherrscht, bevor im Zuge der ottomanischen Eroberungen dieses Handwerk nach Sizilien gebracht wurde. So kommen “Cassata”, “Sorbet” und “Sherbet” aus dem arabischen, ebenso wie “Marzipan” oder “Sirup”. Das erste urkundlich erwähnte Schokoladen- und Vanilleeis gab es im Jahre 1643 in England unter König Karl I. Das erste Speiseeis in Deutschland wurde vor rund 200 Jahren in Hamburg im Alsterpavillion serviert, die amtliche Bezeichnung Speiseeis kam aber erst in den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts in die Geschichtsbücher. Auch wenn wir uns für Eisschlotzer erster Güte halten (1999 brachten es die Deutschen auf 7,5 Liter pro Nase): Nachweislich sind die Skandinavier die Eisvernichter schlechthin, sie bringen es auf den größten Pro-Kopf-Verbrauch weltweit: mehr als 20 Liter! Na denn: auf zum Gelatieri, aber nur in der Waffel, alles andere ist ja Stilbruch 😉

Foto (von links nach rechts): Maurizio Lucchetta, Ulrike Zich, Konsul Mario Musella und Giacomino Da Re

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