Vollversammlung des Flüchtingskreises Weilimdorf. Foto: Uwe Tommasi

Vollversammlung des Flüchtingskreises Weilimdorf: Neue Unterkunft in der Holderäckerstraße

(TOM) Der Flüchtlingskreis Weilimdorf hat nach längerer Pause am 1. März 2023 wieder zu einer Vollversammlung eingeladen. Auf der Tagesordnung standen Berichte aus den verschiedenen Arbeitsbereichen und zur Sitzation in den Gemeinschaftsunterkünften.

Die letzte Vollversammlung des Flüchtlingskreises Weilimdorf sei 2019 gewesen, also noch vor Corona, begrüßte Sprecher Ralf Horndasch die Teilnehmer im Sitzungssaal des Bezirksrathauses. Der Sitzung voran stellte Horndasch auch einen Dialog zwischen Karl Valentin und einem Professor. Valentin erklärt darin: „Nein! Ein Fremder bleibt nicht immer ein Fremder.“ „Wieso“, fragt der Professor und Valentin antwortet: „Fremd ist der Fremde nur in der Fremde.“ Der Dialog charakterisiere die Arbeit des Flüchtlingskreises sehr gut, hielt Horndasch fest: „Wir wollen erreichen, dass sich Fremde hier bei uns nicht in der Fremde fühlen.“

Bezirsvorsteherin Ulrike Zich gab anschließend einen kurzen Überblick darüber wo man in Weilimdorf aktuell in der Flüchtlingsarbeit steht. Die aktuelle Flüchtlingswelle sei nun schon die dritte, die sie miterlebe, so die Bezirksvorsteherin: “Beim ersten Mal kamen Menschen nach Deutschland, die auf der Flucht vor dem Krieg im Kosovo waren, 2015 folgte die sogenannte Flüchtlingskrise – und jetzt kommen Menschen nach Deutschland, die vor dem Krieg in der Ukraine geflohen sind.” Ob und wie sich die Situation in den Erdbebengebieten der Türkei und Syrien auswirkt könne man aktuell noch gar nicht sagen, so die Bezirksvorsteherin.

Bezirksvorsteherin Ulrike Zich auf der Vollversammlung des Flüchtlingskreis Weilimdorf. Foto: Uwe TommasiBei der Flüchtlingsarbeit stehe man jetzt wieder am Anfang, weil sie sich von den Vorangegangenen unterscheide: „Wir erinnern uns alle an die Massenunterkünfte in den Hallen. Dort habe man guten Kontakt zu den Menschen bekommen, der in den Unterkünften dann fortgeführt werden konnte”, so Zich. Jetzt gebe es keine Massenunterkünfte. In Weilimdorf habe man in der Holderäckerstraße jetzt das Handwerkerhotel mit Appartements. „Das ist super im Vergleich zu 2015, aber es liegt im Gewerbegebiet.“ Das mache es schwieriger Kontakt aufzubauen. Hinzu komme, dass die Menschen meist aus anderen Unterkünften dorthin verlegt werden. Durch die direkte Anbindung an die S-Bahn würden viele dort hinfahren wo sie vorher untergebacht waren, weil sie sich dort auskennen. Sie hätten also keine direkte Anbindung an Weilimdorf. Und auch die Helfer müssten überlegen, wie sie zu der Unterkunft kommen. „Ich denke aber, wir werden mit der Situation gut zurechtkommen, denn wir haben Erfahrung.” Schön sei zudem, dass so viele zu der Vollversammlung an diesem Abend gekommen sind, auch dass auch neue Gesichter dabei seien.

Anschließend stellten Vertreter der verschiedenen Gruppen ihre Arbeitsbereiche vor. Viola Willig die seit sechs Jahren dabei ist berichtete über die Sprachhilfe. Die Menschen, die aus unterschiedlichsten Staaten kommen könnten kein Deutsch und nur manche etwas Englisch oder Französisch. Alle seien sehr dankbar die Sprache lernen zu können. Vermittelt werde den Menschen Deutsch im Einzel- und teilweise auch im Gruppenunterricht. Zudem gebe es offene Angebote wir den Sprachtreff, bei dem man lerne wie man sich ausdrücken kann. Wie man sich als Helfer bei der Sprachhilfe einbringen möchte, stehe jedem frei. Der Unterricht beginne auf einfachem Niveau. „Das kann jeder“, so Willig. Von den Geflüchteten bekomme man sehr viel zurück, und man lerne auch andere Kutluren kennen.

Irene Höfle berichtete von der Lebensbegleitung und der Kooperation mit den Schulen. Höfle, die schon seit 2015 dabei ist berichtete, dass ihr die Kinder von Anfang an sehr wichtig gewesen seien. Über die Kinder habe sie dann auch die Eltern kennen gelernt und daraus sei dann die Lebensbegleitung und vor allem auch Freundschaften entstanden. „Integration geht nur über Beziehung zu den Menschen“, ist Höfle überzeugt.

Claudia Horndasch berichtete von der Hausaufgabenbetreuung, die es seit 2016 gibt: „Anfangs war das Angebot vier Mal pro Woche und es hat auch täglich zwei Stunden offene Lernzeit gegeben.” Während Corona sei das dann nicht mehr möglich gewesen. Deshalb habe man dann Einzelunterricht angeboten, der dann beibehalten wurde, weil er sich als die bessere Lösung erwiesen habe. Jedes Kind erhalte jetzt an zwei Tagen in der Woche 45 Minuten Unterricht.

Der Flüchlingskreis unterstütze jedes Kind das in die Schule kommt: Kinder mit Schulmaterialien wie Ranzen und Mäppchen, sowie einem Gutschein für Sportkleidung, erklärt Lisa Trautmann. Sie bekommen vor Schulbeginn eine Liste der Kinder, die in die Schule kommen und was sie an Schulmaterial benötigen. Wenn alles besorgt wurde, werde es in Absprache mit den Sozialarbeitern in den Unterkünften bei den Familien abgegeben. Aktuell sei sie in dem Bereich alleine tätig, und freue sich deshalb sehr über weitere wie neue Helfer.

Frieder Gerlinger berichtete abschließend über die Radwerkstatt, die seit sieben Jahren aktiv ist. Aktuell sei die Werkstatt am Mittwoch von 18 bis 20 Uhr geöffnet. Seit dem Start habe man inzwischen über 350 Räder hergerichtet, verkauft und zwischendurch auch immer wieder repariert. Gerlinger betonte, dass man sich nicht unbedingt mit dem Fahrrad auskennen müsse um mitzuhelfen. Es würden auch Helfer benötigt, die sich um die Papierarbeit kümmern.

Zur finanziellen Situation des Flüchtlingskreises erklärte Sprecher Stephan Gier, dass man im vergangenen Jahr eine große Spende vom Förderverein der Reisachschule bekommen habe, der beim Schülerlauf erlaufen wurde. Aktuell habe man noch Geld um weitere Maßnahmen durchzuführen, man müsse aber sehen, wie sich die Situation mit der neuen Unterkunft in der Holderäckerstraße weiterentwickelt.

Zur Situation in der Unterkunft in der Solitudestraße berichtete Anna Gosteva, dass dort aktuell 106 Menschen aus unterschiedlichen Ländern untergebracht sind. Auch einige Menschen aus der Ukraine seien dabei. In der Unterkunft gebe es jeden Tag Angebote, die von den Bewohnern gerne angenommen werden. Für die Integration der Menschen, sei die Sprache ein wichtiger Schlüssel, so Gosteva. Deshalb seien die Sprachangebote auch so wichtig. Wer helfen wolle könne gerne auf sie zukommen.

Tanja König berichtete, das in der Steinröhre derzeit 240 Personen leben, darunter 60 Kinder. Ob die Unterkunft weiter betrieben wird sei noch nicht abschließend geklärt, da die Baugenehmigung nur befristet erteilt wurde. Man befinde sich hier aber im Austausch mit dem Regierungspräsidium. Das Sozialamt der Stadt Stuttgart geht davon aus, dass die Baugenehmigung verlängert wird. “Der Belegungsdruck ist weiterhin sehr hoch”, so König. Sie hielt ebenfalls fest, dass der Bedarf an Sprachkursen sehr hoch sei. In der Unterkunft gebe es verschiedene Sprachangebote und auch Unterstützung in Sachen Lebensbegleitung.

Über die Situation in der neuen Unterkunft in der Holderäckerstraße berichtete zunächst Daniel Benneweg vom Sozialamt der Stadt. Die Appartements in der Unterkunft seien für jeweils eine Person ausgerichtet, so Benneweg. In Haus Nummer 35 seien die Zimmer, die alle über eine eigene Dusche und ein WC verfügen inszwischen mit Stockbetten ausgestatten und könnten belegt werden. Haus 35 a befinde sich noch im Umbau, soll aber laut Beneweg aber bis Ende des Monats März auch bezugsfertig sein. In der Unterkunft stehen dann 824 Plätze zur Verfügung. Für verschieden Angebote gebe es ebenfalls Räume unterschiedlicher Größe. Wer in der Holderäckerstraße einziehen wird könne er nicht sagen.

Die Mitarbeiter aus der Holderäckerstraße stellen sich der Vollversammlung vor. Foto: Uwe TommasiBetreut wird die Unterkunft vom Sozialdienst des Malteser Hilfsdienstes. Die Mitarbeiter Bahareh Salehi, Mareike Rumpf, Adrian Nahlik und Fadi Rahima berichteten, dass sie aktuell noch viele Erstgespräche mit den neuen Bewohnern führen. Das werde auch noch einige Zeit so weitergehen. Ferner sei man damit beschäftigt für die Kinder und Jugendliche Plätze in Kitas und Schulen zu suchen. „Der Weg zu den Einrichtungen ist schon sehr weit“, so Rumpf. Daran werde noch gefeilt. Welchen Bedarf man an ehrenamtlichen Helfer habe könne aktuell noch nicht beziffert werden. Sprachkurse sowie Hilfe bei Schul- und Kita-Anmeldung werde aber sicher benötigt. Wenn die Bedarfe klar sind, werde man das an den Flüchtlingskreis weiterleiten, so Rumpf auf Nachfrage.

Heidi Schäfer, Koordinatorin „Bürgerschaftliches Engagement in der Flüchtlingsarbeit”, hielt fest, dass sie und ihre Mitarbeiter, die ehrenamtlichen Helfer unterstützen, Kooperationen sowie Qualifikationsangebote vermitteln und auch Projekte finanzieren können.

Sprecher Ralf Horndasch hielt abschließend fest, dass in Kürze ein Kontaktblatt erstellt wird, das von Helfern, die sich bereits sich im Flüchtlingskreis engagieren, ebenso ausgefüllt werden soll, wie von Helfern, die sich zukünftig engagieren möchten. Man wolle die Helferliste neu aufbauen und strukturieren. Auf dem Kontaktblatt kann auch angekreuzt werden, in welcher Unterkunft bzw. Unterkünften und welchem Bereich bzw. Bereichen man sich engagieren möchte. Wer Fragen zu der Mitarbeit im Flüchtlingskreis habe, könne sich gerne an ihn wenden. Wenn möglich beantworte er die Fragen selbst oder vermittle den nötigen Kontakt. Zu erreichen ist Horndasch per E-Mail unter kontakt@fluechtlingskreis-weilimdorf.de. Übrigens: Das Kontaktformular wird in Kürze auch auf der Webseite des Flüchtlingskreises unter dem Link „Mitmachen“ zu finden.

Fotos: Uwe Tommasi

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