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Interfraktionelle Schelte für das Jugendamt

Lautstarke Zustimmung und Beifall der anwesenden Zuhörer erntete am Mittwochabend der interfraktionelle Antrag des Weilemer Bezirksbeirates, der das Jugendamt Stuttgart unmißverständlich auffordert, die von Eltern und Elternbeirat der Kindertagesstätte Ludwigshafener Straße angemahnte Mißstände zu beseitigen. Waltraud Illner (CDU) machte stellvertretend für den Bezirksbeirat dem anwesenden Vertreter des Jugendamtes, Herrn Hubert Kohl, deutlich, was in der Weilemer Einrichtung im Argen liegt und so nicht weiter akzeptiert werden kann. Wie bereits am 16. November auf weilimdorf.de berichtet, sind die Eltern und der Elternbeirat der Kindertagesstätte in der Ludwigshafener Straße erbost über die Zustände in ihrer Einrichtung. Das Haus wurde 1953/54 errichtet und seither lediglich mit notwendigen Reparaturen betriebsfähig gehalten. In den letzten Jahren kam es daher immer öfter vor, dass die Heizungsanlage ausfiel, Schimmel an den Wänden in den Ruheräumen auftrat bzw. die Küche sich in einem desolaten Zustand befindet (es gibt nicht mal eine Dunstabzugshaube) – vom Zustand der Fenster ganz zu schweigen. Nachdem der Elternbeirat die Flucht nach vorne ergriffen hatte und die Presse eingeschaltet hat, nahmen seither einige Bezirksbeiräte im Beisein der zuständigen Gemeinderäte die Gelegenheit wahr, um sich vor Ort in der Einrichtung umzuschauen. Fazit ist nun der interfraktionelle Antrag, die Prioritätenliste der Stadt Stuttgart zu ändern: die Ludwigshafener Straße wurde hier von einst Platz zwei auf sieben zurückgestuft. Kohl verteidigte das Vorgehen des Jugendamtes mit dem Verweis, dass es in Stuttgart auch noch andere Einrichtungen gebe, die teilweise in einem noch schlimmeren Zustand seien. Auch sei das Budget trotz Doppelhaushalt einfach erschöpft, die Grenze der Belastbarkeit sei erreicht. Dabei seien in die Ludwigshafener Straße in diesem Jahr bereits 70.000 Euro an Sanierungskosten investiert worden, obwohl lediglich 10.000 Euro je Einrichtung budgetiert sind. Das Jugendamt prüft nun, wie auch die Mangelsituation der fehlenden Hortplätze bewältigt werden kann, denn für den Herbst 2004 stehen im Moment 15 Kinder im wahrsten Sinne des Wortes auf der Straße, da für sie ab dann kein Platz mehr vorhanden ist. Hubert Kohl verwies darauf, dass selbst wenn die Ludwigshafener Straße nun für die Sanierung vorgezogen und diese durchgeführt werde, bis zu dreieinhalb Jahre “ins Ländle” gehen werden, bis die Kinder in das renovierte Haus einziehen könnten – das sei nun mal der normale Weg der politischen Entscheidungen, bis jedes Gremium und jeder Entscheidungsträger angehört und das Projekt genehmigt sei. In den letzten Jahren seien rund 9 Millionen Euro nach Weilimdorf für die Kinderbetreuung geflossen – und trotzdem herrsche hier ein deutlicher Mangel an Plätzen: Der Versorgungsgrad liege im Kleinkindbereich bei 10,5 Prozent (Stuttgart gesamt bei 11 %), bei den 3-6jährigen bei 18,7 % (24,6%) und bei den Hortplätzen ab 6 Jahren bei 11,2 % (12,6 %). Bezirksvorsteherin Ulrike Zich zeigte sich stolz über die Menge an Kindern in Weilimdorf – der Stadtbezirk sei eben (noch) sehr jung, die Alterung der Gesellschaft wird sich ihrer Ansicht nach erst in einigen Jahren auch hier vor Ort durchsetzen. Dies sei aber kein Grund für die Stadtverwaltung, nun die Hände in den Schoss zu legen und darauf zu warten, dass es wieder weniger Kinder gibt und es tröste auch nicht, dass andere Stadtbezirke noch schlimmer dran sein sollen als Weilimdorf. Auch Bezirksbeirat Frick mahnte an, dass es sich hier ja wohl um ein strukturelles Problem der Landeshauptstadt handle. Denn immerhin sei ja dem VfB Stuttgart ein Schuldenberg in Höhe von 40 Millionen Euro erlassen worden: “Den gutverdienenden Profifußballern wird das Geld in den Rachen geworfen und für die Kinder bleibt nichts übrig, das kann doch nicht sein!” so seine erboste Feststellung. Einstimmig wurde dann der interfraktionelle Antrag des Bezirksbeirates verabschiedet, das Jugendamt hat nun die Aufgabe, die Forderungen zu prüfen und nach Möglichkeit auch umzusetzen. “Die Eltern sollen ein gutes Gewissen haben, ihre Kinder in der Ludwigshafener Straße abzugeben”, gab Bezirksvorsteherin Ulrike Zich dem Jugendamtsvertreter Kohl mit auf den Weg.

Foto: Auf den Besucherplätzen im Bezirksbeirat waren beim Thema Kindertagesstätte noch nicht einmal genügend Sitzplätze vorhanden.

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