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Infoveranstaltung zum Tema stationäre Pflegeeinrichtung in der Deidesheimer Straße

In ganz Stuttgart fehlt es an Pflegeplätzen für ältere Menschen. Auch in Weilimdorf wird händeringend nach einem Standort für eine Pflegeeinrichtung gesucht.

Das Bezirksamt hatte am 27. Februar 2018 die Anwohner aus der Deidesheimer Straße zu einem Informationsabend in die Gaststätte Trompetle eingeladen. Thema des Abends: „Stationäre Pflegeeinrichtung im Bereich der Deidesheimer Straße im Stadtbezirk Weilimdorf”.

Zu dieser Infoveranstaltung konnte Bezirksvorsteherin Ulrike Zich über 50 Interessierte Anwohner begrüßen. Unter den Besuchern weilten auch Stadt- und Bezirksbeiräte, vom Träger der Altenwohnanlage am Lindenbachsee der Vorstandsvorsitzende der Stiftung evangelische Altenheimat, Hans Kübler, der Geschäftsführer des Altenhilfezentrums Breitwiesenhaus in Gerlingen und der Leiter des AWO Seniorenzentrums Postenwäldle Jochen Mager.

„Dass wir bei den Pflegeplätzen ein Defizit haben, wissen wir schon länger und wir wissen auch, dass dieses Defizit in Zukunft noch zunehmen wird”, so Bezirksvorsteherin Ulrike Zich. Grund dafür sei der demografische Wandel aber auch die Landesheimbauverordnung. In Weilimdorf wolle die Stiftung evangelische Altenheimat (seah) das Haus am Lindenbachsee erweitern, so Ulrike Zich weiter. Das Baugesuch sei eingereicht. Dieser Erweiterungsbau reiche aber bei weitem nicht aus um den Bedarf zu decken.

Auf der Suche nach geeigneten Standorten für den Bau einer stationären Pflegeeinrichtung in Weilimdorf seien die Planer auf auf die Fläche an der Deidesheimer Straße gestoßen. „Das ist sicher nicht der Standort, den ich mir für eine Seniorenwohnanlage wünschen würde”; so die Bezirksvorsteherin. „Wir können das Grundstück aber leider nicht verlegen. Natürlich habe man auch noch nach weiteren Standorten gesucht bisher aber wenig bis keine gefunden.

„Wenn wir an der Deidesheimer Straße bauen ist der Bedarf in Weilimdorf noch nicht gedeckt”, hält Ulrike Zich fest. Und weiter: „Es gibt bei solchen Vorhaben immer Betroffene, aber es muss nicht immer Beeinträchtigte gebe”. Die Stadt habe zu der Infoveranstaltung eingeladen um möglichst früh mit den Betroffenen ins Gespräch zu kommen.

Alexander Gunsilius bei der Sozialplanung des Sozialamtes der Stadt Stuttgart für Weilimdorf zuständig erläuterte anhand von Zahlen wie sich die Situation derzeit darstellt. In ganz Stuttgart gebe es derzeit 5.555 stationäre Pflegeplätze. Benötigt würden bis zum Jahr 2025 insgesamt 7328 Plätze. Aufgrund der Landesheimverordnung, die die Umwandlung der derzeit noch vorhandenen Doppelzimmer in Einzelzimmer verlange, steige die Zahl der bis 2025 benötigten Pflegeplätze auf insgesamt 2.392.

Im Stuttgarter Norden (Mühlhausen, Zuffenhausen, Stammheim, Münster, Weilimdorf und Feuerbach) würden bis zum Jahr 2025 insgesamt 450 Plätze fehlen, so Gunsilius weiter. Über die Hälfte dieser Plätze fehle in Weilimdorf. „In Weilimdorf besteht eine Unterdeckung von 244 Plätzen”, so Gunsilius. „Das ist eine Menge Holz”.

„Ich bekomme jeden Tag gemeldet, wie viele freie Plätze es in den Stuttgarter Pflegeheimen gibt”, erläutert Gunsilius. Am Tag der Infoveranstaltung waren es gerade mal drei Plätze. „Dadurch sind wir in der Situation dass wir pflegebedürftige Menschen, die in der Landeshauptstadt leben, außerhalb von Stuttgart unterbringen müssen.” Problematisch sei es deshalb auch für Menschen die aus dem Krankenhaus kommen kurzfristig einen Platz in einer Pflegeeinrichtung zu finden. „Wir brauchen in Stuttgart jeden Pflegeplatz”, so das Fazit von Gunsilius. Benötigt werde zudem auch weiterer barrierefreier Wohnraum, um den Menschen so lange wie möglich ein Leben in den eigenen vier Wänden zu ermöglichen. Und auch dafür würden Grundstücke benötigt.

Thomas Noller vom Amt für Stadtplanung stellte anschließend vor, welche Möglichkeiten zum Bau einer Pflegeeinrichtung das Grundstück in der Deidesheimer Straße bietet. Zunächst habe das Stadtplanungsamt einen Suchlauf nach möglichen Grundstücken in Weilimdorf gestartet. Kriterien seien dabei die größer der Fläche und die Verfügbarkeit gewesen. Das rund 3000 Quadratmerer große Grundstück an der Deidesheimer Straße, das derzeit an fünf Kleingärtner verpachtet ist, gehöre der Stadt und sei damit sofort verfügbar und auch so groß, dass es wirtschaftlich bebaut werden kann.

Im Umfeld des Grundstücks gebe es Wohnbebauung und Gemeinbedarfsflächen (Wolfbuschschule, Mobile Jugendarbeit und Kindergarten). Eine Grünfläche für eine Bebauung freizugeben sei immer eine schwierige Entscheidung. Umweltbelange seien dabei genauso zu berücksichtigen wie die Interessen der Anwohner. Die Fläche in der Deisdesheimer Straße befinde sich in bebautem Gebiet und auch das Amt für Umweltschutz könne eine Bebauung mittragen. Die nötigen Artenschutzuntersuchungen seien bereits durchgeführt worden. „Wir sehen deshalb dort die Möglichkeit, eine Pflegeeinrichtung zu bauen”, so Noller.

Bei dem Neubau müsse darauf geachtet werden, dass er sich in die vorhandene Bebauung einfügt. Vorgesehen sei einen geeigneten Entwurf im Rahmen einer sogenannten Mehrfachbeauftragung von verschiedenen Architekturbüros erarbeiten zu lassen. Ein Preisgericht werde dann über den Siegerentwurf entscheiden. Der Bebauungsplan aus dem Jahr 1989 sehe an der Stelle eine Grünfläche vor, deshalb müsse der Bebauungsplan ensprechend geändert werden.

Das Stadtplanungsamt habe für die Fläche bereits eine Machbarkeitsstudie durchgeführt und verschiedene Testentwürfe erarbeitet. „Die Entwürfe sollen lediglich zeigen, wie ein Gebäude an der Stelle aussehen könnte”, erläutert Noller. In einem ersten Beispiel hat das Stadtplanungsamt einen Neubau mit 60 Pflegeeinheiten geplant. Eins solches Gebäude bestünde aus einem einzigen Baukörper und wäre durchgängig dreigeschossig, so Noller weiter. Das war aus unserer Sicht zu viel Baumasse.

Ein zweites Beispiel sieht den Bau einer Einrichtung mit 45 Pflegeplätzen vor. Die Planer habe hier ebenfalls mit einem durchgängigen Baukörper gearbeitet, der im westlichen Bereich allerdings nur ein Stockwerk hoch ist. Ein drittes Beispiel mit ebenfalls 45 Pflegeplätzen besteht aus drei Kuben, die durch Glasbauten miteinander verbunden sind. Die Zuwegung bei allen Varianten erfolge über die Deideshaimer Straße, erklärt Noller.

Vom Stadtplanungsamt und vom Baurechtsamt würden die Varianten mit 45 Pflegeplätzen präferiert. Das Sozialamt könne mit der Lösung ebenfalls leben. „Ich denke in dem Fall ist es auch möglich, von den Nachbargebäuden ausreichend Abstand zu halten.”

In einem nächsten Schritt gehe es nun darum einen Träger für die Einrichtung im Rahmen eines Interessensbekundungsverfahren zu finden. Der Träger werde dann beauftragt die Mehrfachbeauftragung durchzuführen. Liegen die Pläne vor könne das Bebauungsplanverfahren auf den Weg gebracht werden.

In der Anschließenden Fragerunde erklärten mehrere Anwohner, dass die Notwendigkeit für den Bau einer solchen Pflegeeinrichtung klar dargelegt worden sei. Genauso viele Anwohner bemängelten aber auch, dass vom Stadtplanungsamt zur Parkplatzsituation nichts gesagt worden sei. In der Deidesheimer Straße sei die Parkplatzsituation jetzt schon problematisch. Die Anbindung an den öffentlichen Personennahverkehr sei ebenfalls sehr schlecht.

Noller erklärte, dass in den Beispielen die baurechtlich vorgeschriebenen Parkplätze vorgesehen wurden. Bei einer Einrichtung mit 45 Plätzen seien das drei bis vier Parkplätze. Die Bewohner einer Pflegeeinrichtung hätten naturgemäß kein Auto und bei den Angestellten gehe man davon aus dass viele mit dem öffentlichen Nahverkehr kommen. Bestehe weiterer Parkplatzbedarf müsse der entlang der Deidesheimer Straße abgedeckt werden. „Wir gehen davon aus, dass kein nennenswerter zusätzlicher Verkehr entstehen wird.

Bezirksvorsteherin Zich hielt an der Stelle fest, dass man bei 45 Pflegeplätzen für ältere Menschen davon ausgehen müsse, dass diese auch von älteren Menschen besucht werden. Für sie seien die zehn Minuten Fußweg von der Stadtbahnhaltestelle sicher zu weit. Hier müsse man sich eine Lösung etwa mit dem Ortsbus überlegen. Besucher würden sicher auch mit dem eigenen PKW kommen.

Zum Thema Versorgungsverkehr zur Einrichtung erklärte Noller, dass er davon ausgehe dass dadurch kaum zusätzlicher verkehr entstehe. Die Anfahrt solle über die Deidesheimer Straße erfolgen. Gunsilius erklärte, dass in Pflegeeinrichtungen moderner Prägung das Essen in den Küchen der Wohngruppen vor Ort zubereitet werde. Essenanlieferungen werde es also nicht geben.

Ein weiterer Anwohner wollte wissen, ob die Stadt Einflussmöglichkeiten auf die Mehrfachbeauftragung habe oder wer letztlich entscheide wie groß gebaut wird. Noller erläuterte, dass die Stadt die Rahmenbedingungen für die Mehrfachbeauftragung vorgebe. In der Jury sei die Stadt durch Mitglieder des Gemeinderates und den Baubürgermeister vertreten. Außerdem würden in der Jury unabhängige Architekten sitzen.

Zu dem Vorschlag, eine Pflegeeinrichtung auf dem Walz-Areal zu bauen, nachdem dort jetzt kein SSB-Depot entsteht erklärte Bezirksvorsteherin Zich, dass die Karten für das Walz-Areal jetzt wieder ganz neu gemischt werden. Für das Gelände habe es schon viele Vorschläge gegeben., die immer wieder verworfen wurden. Ein Problem sei auch dass man es bei dem Gelände mit mehreren Eigentümern zu tun habe.

Die Frage ob es zu dem Gelände an der Deidesheimer Straße noch Alternativen gebe, oder ob der Bau bereits beschlossen sei, erklärte Bezirksvorsteherin Zich: „Beschlossen ist bis jetzt noch gar nichts.” Alternativen gebe es aber auch keine, vielmehr brauche es zusätzliche Flächen um den Platzbedarf zu decken.

Zum zeitlichen Horizont erfuhren die Anwohner, dass die Auswahl des Trägers voraussichtlich ein halbes Jahr dauern werde. Bis die Ergebnisse der Machbarkeitsstudie vorliegen sei mit weiteren drei bis vier Monaten zu rechnen. Das Bebauungsplanverfahren daure dann auch mindestens zwei bis drei Jahre. Erst danach kann irgendwann gebaut werden.

_Text: Tommasi/Fotos: Goede, Tommasi

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