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2020 keine Rekordernte Dank Frühjahrsfrost und Sommerhitze

(RED) Noch zwei Tage zuvor, am Freitag, 21. August, zeigte das Thermometer in Weilimdorf satte 36 Grad Hitze an – am Sonntag (23. August) konnte Dank frischer Atlantikluft bei 24 Grad und einem angenehmen Westwind Weilimdorfs Obstbauer Hörnle im Namen des Imkervereins und des Obst- und Gartenbauverein Weilimdorf immerhin zehn interessierte Gäste zur „Blüten- und Früchteführung“ begrüßen.

Es war als kleiner Ersatz für die coronabedingt ausgefallene – sonst jährlich stattfindende – Weilimdorfer „Felderrundfahrt“ zu sehen. Statt auf Traktor und Anhänger ging es diesmal in kleiner und abgezählter Runde zu Fuß durch die Obstbaum und Früchteplantagen des Obsthof Hörnle zwischen Ditzinger Straße und Fasanenwald.

Artenschutz ja – aber nicht auf „Biegen und Brechen“__

Gleich zu Beginn noch auf dem Gelände des Obsthofes stellte Chris Hörnle die Wichtigkeit der Bestäubung der Blüten von Obstbäumen und Fruchtpflanzen in den Vordergrund: „Das Volksbegehren ‚Rettet die Bienen‘ ist ja jedem bekannt. Und es auch wichtig, etwas für den Artenschutz zu tun. Doch das Volksbegehren ging in eine falsche Richtung. Wäre es wie gefordert umgesetzt worden, wäre in Baden-Württemberg nicht mal mehr Bioanbau möglich gewesen, da jede Art von Pestiziden, auch ökologische, untersagt worden wären.“, erläutert Hörnle mit Hinweis auf die Imkerarbeit seines Bruders Tobais Hörnle auf dem Hof und Umgebung, wie auch sein persönliches Engagement mit Blühstreifen entlang von Wiesen und Feldern wie an seinen Plantagen rund um Weilimdorf, sowie sein vielfältiges Insektenhotel an der Scheunenwand. „Dies hat aber eher mehr pädagogischen Charakter für Führungen und zum Erklären für Kinder. Während die Honigbiene keinewegs bei uns gefährdet ist, sieht es bei den Wildbienen ganz anders aus – und denen helfen diese an Wänden und in Kästen hängenden Insektenhotels selten weiter, da sie vorzugsweise in Erdhöhlen leben!“, erklärt Hörnle den aufmerksam zuhörenden Gästen. Zu den Wildbienen zählen u.a. die Felsspalten-Wollbiene, die Ackerhummel, die Garten-Wollbiene, die gemeine Löcherbiene, die grauschwarze Sandbiene, die bucklige Seidebiene, aber auch die Auen-Schenkelbiene und die fuchsrote Sandbiene.

Gerade die Wildbienen sind aber die wichtigsten Bestäubungshilfen für Hörnle Obst- und Fruchtkulturen, sind sie doch auch schon bei kühleren Frühlingstemperaturen unterwegs, während die Honigbienen noch lieber auf ein paar Grad mehr Wärme warten. Die von Hörnle angelegten Blühstreifen sorgen für die notwendige Abwechslung und Bestäubungsunterstützung: „Rund 20 Prozent der Flächen mit Blühstreifen reichen vollkommen aus, eine durchgehende gleichmäßige Bestäubung unserer Fruchtpflanzen und -bäume zu gewährleisten!“

__Obsthof hat eigenen Brunnen zur Wasserversorgung__

Die zunehmende Trockenheit in Weilimdorf durch den Klimawandel macht eine regelmäßige Bewässerung der Plantagen und Sonderkulturen im Westen vom Weilimdorfer Stadtzentrum immer notwendiger. Der Obsthof verfügt daher über einen eigenen, 30 Meter tiefen Brunnen, der pro Stunde rund zehn Kubikmeter Wasser fördern kann, wenn Hörnle „den Hahn aufdreht“. Früher fuhr Hörnle mit dem Traktor und einem angehängten mit Brunnenwasser gefüllten alten Odelwagen zu den Feldern und Plantagen, wässerte einzeln jeden Baum und Strauch mit um Schnitt zehn bis fünfzehn Liter Wasser. Ein enormer Einsatz an Arbeitszeit und Traktordiesel, so dass Hörnle inzwischen dazu übergangen ist, die wichtigsten Sorten, die eine regelmäßige Wasserzufuhr brauchen, mit Tropfenschläuchen auszustatten und so regelmäßig bewässern zu können, ohne dass Traktor und Zeit eine Rolle mehr spielen.

__100 Blüten je Baum reichen zum Vollertrag__

Plantagenbäume sind im Gegensatz zu Streuobstwiesenbäumen mehr schlank, rank und auf „Greifhöhe“ gewachsen – und tragen dennoch bis zu 500 Blüten je Stamm. Viel zu viel für die meist dünnen Äste, so dass Hörnle inzwischen eine Maschine angeschafft hat, die wie ein nadelloser Weihnachtsbaum aussieht. Sie wird von den Traktor aufmontiert – und mit leichten Drehbewegungen fährt Hörnle mit ihr durch die Gänge der Plantagen. die „Äste” der Maschine sind aus einem beweglichen Material und schlagen durch ihre spezielle Ausrichtung die überzähligen Blüten im Vorbeifahren aus. Statt bis zu 500 verbleiben auf diese Weise nur die gewünschten rund 100 Blüten über das Obst übrig. Wenn in den Sommermonaten das Obst reif wird, kommen die Erntehelfer zum Einsatz: Auf Weilimdorfs Obsthof ist Handarbeit gefragt, jede Beere, jedes Stein- und jedes Kernobst ist bei Hörnles handverlesen gepflückt. Erste Qualität kommt so nur auf den Verkaufstisch im Hofladen – und auf dem Markt in Weilimdorf auf dem Löwen-Markt jeden Dienstag und Freitag.

__2020 keine Rekordernte__

Der Sommer 2020 mag für den normalen Weilimdorfer nahezu als perfekt gelten: Viel Sonne, immer wieder Regen, nur ab und an heiß. Doch für Obstbauern wie Hörnle gibt es entscheidende Phasen, die eine gute oder schlechte Ernte bescheren. Und für 2020 hat das Wetter zwar viel gutes geliefert, aber eben auch einen extrem trockenen April, späte Fröste im April und im Mai mit den „Eisheiligen“ – sowie im August mit der extremen Hitzewelle von bis zu 36 Grad auch übermäßige Wärme, die vielen Obstsorten eher schaden: „Wenn wie am Donnerstagmorgen es kräftig regnet und danach die Sonne in eine sauber gewaschene Luft reinbrennt und für über 30 Grad sorgt, dann platzen viele Äpfel auf – oder bekommen gar einen echte Sonnenbrand!“, so Hörnle – und mit fachkundigem Blick und Griff rupft er betroffene Äpfel wie Himbeeren von den Stämmen bzw. Trieben.

__Weilimdorfer Apfelsaft in Zusammenarbeit mit Dachtler__

Für kleine Mengen hat Hörnle eine eigene Saftpresse auf dem Hof. Doch die größten Mengen seiner Äpfel, die nicht als Verkaufware der ersten Klasse für den direkten Endkundenmarkt geeignet sind, gehen zum Getränkehändler Dachtler, der nur wenige hundert Meter neben dem Obsthof seinen Betrieb hat – und über eine große Saftpresse verfügt. Dort werden die 5-Liter-Boxen mit dem aus Hörnles Äpfeln gewonnenen Saft befüllt. Einer der Verkaufsrenner seines Obsthofes im Herbst.

__Gepflegte Obstbäume können bis zu 100 Jahre alt werden__

Obstbauern, die nicht über Plantagenbäume wie Hörnle verfügen, sondern über Streuobstwiesen, pflegen diese Bäume, so dass sie durchaus 80 bis 100 Jahre alt werden und Jahr für Jahr gute Obsternten abliefern. Viele Streuobstwiesen wurden in den letzten Jahrzehnten allerdings aufgegeben – die Bäume verwildern und treiben wild, werden von Schädlingen befallen. Zwar ersetzt das Garten- und Friedhofsamt in Stuttgart solche Bäume, wie auch im Greutterwald, weiss Hörnle zu berichten. Doch diese Streuobstbäume werden selten bis gar nicht gepflegt – und sind bereits nach 30 Jahren am absterben, wie auch entlang der alten B295 zwischen Obsthof und Gewerbegebiet. „Das ist sehr schade, aber auch den Preisen geschuldet. Für Streuobst, das man für Most braucht, wurden 2019 für 100 Kilo nur sieben Euro bezahlt, davon kann doch keiner leben! Hinzu kommt, dass in Deutschland immer weniger Apfelsaft getrunken wird.“, bedauert Hörnle. Ein Teufelskreis – und sein Blick schwenkt von der Plantage zum Heiner und dem im Wind sich drehenden Windrad: „Wie man sieht, baut die Stadt Korntal rechts vom Heiner auf Feldern und Wiesen ein Neubaugebiet. Die Zuwegung für die LKWs wird über die Stadt Korntal geführt, der Abraum jedoch wird über eine Schotterpiste quer durch die Felder und Wiesen auf Weilimdorfer Gemarkung geführt. Ich verstehe da die Behörden nicht, warum das sein muss. Ich dachte die Natur soll geschützt werden?“ Etwas, worum sich Hans-Jürgen Wöhrle, der unter den Gästen sich befand, als SPD-Bezirksbeirat so schnell wie möglich kümmern will: „Das kann ja wohl nicht wahr sein, das lasse ich so schnell wie möglich klären und lasse es auf die Agenda des Weilimdorfer Bezirksbeirates setzen!“.

_In Weilimdorf werden 30 Apfelsorten angebaut

Übrigens: Von den 30 in Weilimdorf angebauten Apfelsorten sind bei Hörnle bereits zwei komplett abgeerntet und verkauft. Die übrigen folgen ab dieser Woche bis in den Oktober hinein. Die letzten, die geerntet werden sollen, ist die neue Sorte „Mariella“. Sie soll gut schmecken, ist lagerfähig – und wird exklusiv nur am Obsthof verkauft. Sind ja nur noch ein paar Wochen hin… also abwarten und einen frischen Apfelsaft bis dahin genießen!

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